Überlebenshandbuch

der Heilbronner Arbeitslosen Initiative
1. Auflage Okt. 2012

Informationen

Es ist nicht ganz einfach, trotz Jobcenter zu überleben. Aber es geht!

Man muss sich nur ein wenig informieren. Im Internet gibt es viele Informationen. Hier nur vier Adressen, dort gibt es auch Listen von Beratungsstellen und Anwälten:

Niemals alleine zum Jobcenter gehen!

Man weiß nie, was einen erwartet.  Eine Einladung um „Ihr Bewerberangebot“ zu besprechen, endet häufig in einer unter Zwang abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung (siehe S. 4).Es kann auch damit enden, dass man „freiwillig“ eine Erklärung unterschreibt, in der man sich einverstanden erklärt, einen Teil der Miete selbst zu zahlen (S. 5). Hin und wieder wird man bei einem solchen Termin „überredet“, einen berechtigten Widerspruch zurück zu ziehen (S. 6). Die Liste der Überraschungen ist groß…

Jeder kann jederzeit zu jedem Termin (auch bei ärztlichen Untersuchungen) einen Beistand mitnehmen. Beistände dürfen nicht zurückgewiesen werden! Beistände sind in erster Linie Zeugen, aber auch Berater. Meistens werden die PAPs ganz friedlich, wenn ein Beistand dabei ist.

Datenschutz: Keine E-Mailadresse oder Telefon oder Handy-Nummer angeben!

Postalische Adresse reicht völlig!

Empfangsbestätigung nicht vergessen!

Es kommen täglich Unterlagen bei den Jobcentern weg. Es verschwinden teilweise ganze Akten. Anträge liegen angeblich nicht vor, Mietbescheinigungen wurden angeblich nie eingereicht, und von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen fehlt jede Spur.  Dies alles kann einen viel Zeit und Geld kosten!

Jeder Sachbearbeiter, dem man Unterlagen übergibt, ist dazu verpflichtet, den Eingang zu bestätigen. Dies gilt auch für die Eingangszonen und die Poststellen. Es ist ganz einfach: Man bringt das einzu-reichende Original (z.B. einen Weiterbewilligungsantrag) und eine Fotokopie davon mit. Auf der Kopie wird von dem JC der Eingang bestätigt. So hat man den Beweis, dass genau dieses Dokument eingereicht wurde und nicht etwa ein „freundlicher“ Weihnachtsgruß.

Eingliederungsvereinbarung

Sie dient nicht dazu, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, sondern, den JC-Geschädigten in die Sanktionsfalle zu locken. Es wird eine Anzahl von Bewerbungen verlangt, die man gar nicht finanzieren kann. Schafft man nicht alle: Sanktion. Man soll einen unsinnigen und meist illegalen Ein-Euro-Job machen. Geht dabei etwas schief: Sanktion.

Der Leiter des Jobcenters Köln bestätigte, dass immer „auf Augenhöhe“ verhandelt werden soll. Dass keiner etwas unterschreiben soll, was er nicht vertreten kann. Dass „zwei Wochen Bedenkzeit“ immer drin seien. Leider hat er vergessen, das alles seinen Leuten mitzuteilen. Also: Immer Bedenkzeit verlangen und fachkundigen Rat einholen!

Das Neueste: Wenn man sich weigert, zu unterschreiben, gibt es als Ersatz einen Verwaltungsakt.

Dagegen Rechtsmittel einlegen!

Miete und Heizung

Das Jobcenter muss die Kosten der Unterkunft tragen. Dazu gehören die Grundmiete, die Nebenkosten und die Heizkosten. Diese Kosten müssen erst einmal in voller Höhe übernommen werden. Ist die Miete zu hoch, kann das JC verlangen, das man sich eine neue Wohnung sucht. Sind die Heizkosten hoch, verlangt das JC oft, dass man wirtschaftlicher heizt. Erhält man eine solche Aufforderung: Sofort in eine Beratungsstelle gehen! Dort kann oft noch einiges erreicht werden. Wenn man sich aber nicht darum kümmert, können die Folgen gravierend sein. Das Jobcenter zahlt oft einen Teil der Miete mit der Begründung nicht, die Miete sei zu hoch. das ist grundsätzlich nicht zulässig. Beraten lassen und Rechtsmittel einlegen! Wer umziehen will, muss sich das vorher genehmigen lassen.

Bei Ablehnung: Beraten lassen.

Bei Umzug ohne Genehmigung: Keine Kautionsübernahme und nur angemessene Miete für immer und ewig! Vorsicht!

Rechtsmittel

Gegen jeden Verwaltungsakt (VA) kann Widerspruch eingelegt werden. Das muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des VA (z.B. Bescheid) geschehen. Der Widerspruch muss innerhalb von 3 Monaten bearbeitet werden. Wenn nicht, kann man wegen Untätigkeit klagen. Man kann zeitgleich mit dem Widerspruch auch eine Eilklage einreichen. Dies ist sinnvoll, wenn das ALG ganz oder zu mindestens 30% gestrichen wurde oder ein 1€-Job angetreten werden soll oder sonst etwas, was eilig entschieden werden muss. Zahlt das JC trotz Anspruchs nicht (Bescheid liegt vor, es gibt keine Sanktion, aber das Geld kommt nicht), kann man Leistungsklage einreichen oder pfänden. Das geht auch Im Eilverfahren!

Das Gericht:

Sozialgericht Heilbronn
Paulinenstr. 18
74076 Heilbronn

Telefon: 07131/7817-0

Man kann die Klage dort auch mündlich einreichen!

Rechtsantragsstelle:
7817-49 oder -50

Mo. bis Do.       9:00 11:30 Uhr

Di. bis Do.                                           14:00 – 15:30 Uhr

Freitag              8:00 – 11:30 Uhr

Lebensmittel Gutscheine

Lebensmittelgutscheine können in Ausnahmefällen ausgegeben werden: Bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie unwirtschaftlichem Verhalten (§24(2) SGB 11) und Sanktionen über 30% (§31 a(3, 4)SGB 11).

Wenn ein Antrag nicht schnell genug bearbeitet wurde oder aus anderen Gründen (mal wieder Computerprobleme oder Überarbeitung) das ALG nicht (rechtzeitig) gezahlt wird, dürfen keine Gutscheine ausgegeben werden.

Das JC muss in diesen Fällen Bargeld herausrücken. Man kann auf Bargeld bestehen und notfalls über Teamleiter, Standortleiter, Beschwerdestelle bis zum Leiter des JC gehen.

Lebensmittelgutscheine sollen öffentlich demütigen, entmündigen und Euch abschrecken.

Wehrt Euch!